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Kunstrückgabebeirat der Republik empfiehlt keine Rückgabe des „Beethovenfries“ von Gustav Klimt

06.03.2015

Minister Josef Ostermayer (SPÖ) muss sich formal nicht an diese Empfehlung halten, will das jedoch tun.

 

Weitere Informationen:

http://orf.at/stories/2267908/2267911/

 

 

 

Die Empfehlung des Beirats im Detail: (unten als Download verfügbar)

 

 

 

Der Beirat gemäß § 3 des Bundesgesetzes über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus

den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, BGBl. I Nr. 181/1998 i.d.F. BGBl. I

Nr. 117/2009, (Kunstrückgabegesetz), hat in seiner Sitzung vom 6. März 2015 einstimmig

 

 

folgenden

BESCHLUSS

gefasst.

 

 

Dem Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien wird empfohlen, das im

Dossier der Kommission für Provenienzforschung „Beethoven-Fries von Gustav Klimt“

(12/2014) angeführte Objekt,

Gustav Klimt

Beethoven-Fries, 1901/02

Inv. Nr. 5987/1-8

aus der Österreichischen Galerie Belvedere (derzeit als Leihgabe in der Wiener Secession)

nicht an die Rechtsnachfolger_innen von Todes wegen nach Erich Lederer zu übereignen.

 

 

BEGRÜNDUNG

Dem Kunstrückgabebeirat liegt das oben genannte Dossier der Kommission für

Provenienzforschung vor, weiters wurden dem Beirat Schriftsätze mit zum Teil

umfangreichen Gutachten von Erb_innen nach Erich Lederer sowie der Vereinigung

Bildender KünsterInnen Wiener Secession und der Gesellschaft der Freunde der Wiener

Secession zur Kenntnis gebracht. Der Beirat stellt den folgenden Sachverhalt fest:

Der Beethoven-Fries wurde in den Jahren 1901/1902 von Gustav Klimt (1862-1918) für die

XIV. Ausstellung der Wiener Secession, die als Hommage an Ludwig van Beethoven

konzipiert war und von April bis Juni 1902 stattfand, als ephemeres Kunstwerk geschaffen.

Danach war der Fries noch Teil der Kollektiv-Ausstellung Gustav Klimt, die als

XVIII. Ausstellung der Secession von November bis Dezember 1903 zu sehen war. Nach

deren Ende wäre der (zwischen den beiden Ausstellungen verhängt gewesene) Fries

abgeschlagen und zerstört worden, hätte nicht der Kunstsammler Carl Reininghaus ihn für

seine Kunstsammlung erworben.

Carl Reininghaus ließ den Fries unter der Aufsicht von Carl Moll von den Wänden der

Secession abnehmen und in acht Tafeln geteilt in das Möbeldepot der

Möbelaufbewahrungsanstalt Wilhelm & Eisler in Michelbeuern (Wien IX) bringen. Ein Brief

Gustavs Klimts aus dem Jahr 1907 belegt, dass er bereit sei bei „Ausbezahlung des

Restbetrages K 5000,- […] von der Kaufsumme […] bei endgültiger Placierung des Werkes

die Reparaturen, welche sich […] als nötig heraus stellen, ohne Entgelt auszuführen.“ Es

kam jedoch zu keiner Aufstellung des Frieses, sondern Carl Reininghaus verkaufte den

Fries, der laut einem Bericht von Arpad Weixelgärtner, Kustos der Sammlung für Plastik und

Kunstgewerbe des Kunsthistorischen Museums in Wien, in dem ebenerdigen Möbeldepot

durch Erschütterungen der Straßenbahn Schäden genommen hatte, im Jahr 1915 an August

Lederer. Offenbar war bereits damals auch die Österreichische Galerie an einem Erwerb

interessiert, denn Carl Reininghaus drückte in einem Schreiben an den damaligen Direktor

der Galerie, Franz Martin Haberditzl, sein Bedauern aus, dass der Fries „nicht Ihrer Galerie

einverleibt, respektive der Öffentlichkeit erhalten werden konnte“, doch war es ihm „nicht

möglich gewesen, die Sache [gemeint: den Verkauf an August Lederer] länger

hinauszuschieben“.

 

 

Der Plan, den Fries anlässlich der Gustav Klimt-Gedächtnisausstellung von Juni bis Juli

1928 in der Secession zu zeigen, wurde von Serena Lederer, der Ehefrau August Lederers,

abgelehnt; nach einer Fürsprache von Josef Hoffmann, Carl Moll und ihrem Sohn Erich

Lederer, wurde eine Tafel des Frieses („Feindliche Gewalten“) in die Secession verbracht,

aber auf Wunsch von Serena Lederer noch vor Ausstellungsbeginn wieder ins Depot in

Michelbeuern, wo er auch nach dem Ankauf durch August Lederer verblieben war,

zurückgestellt. Damit der Transport erleichtert und die Substanz geschont werden konnte,

war die Tafel von Fritz Wotruba und Franz Ullmann in der Mitte geteilt worden.

In den Akten zum Konkursverfahren über die Verlassenschaft nach August Lederer aus dem

Jahr 1946 wird neben dem Testament auch von einem persönlichen Brief von August

Lederer berichtet. In diesem Brief, datiert mit 9. Februar 1930, an Serena Lederer und seine

Kinder Elisabeth Bachofen-Echt und Erich Lederer, habe er festgehalten, dass „die

Sammlung von Kunstgegenständen und Antiquitäten in Gänze als ausschließliches

Eigentum seiner Frau zu betrachten sei.“

 

 

Im Mai 1930 wurde August Lederer durch einen Rechtsanwalt aufgefordert, den Fries aus

dem Möbeldepot in Michelbeuern zu räumen, weil die Liegenschaft an die Herba

(Handelsaktiengesellschaft Österreichischer Apotheker) verkauft worden sei und Herba

diese Räume benötige. Das Bundesdenkmalamt stellte daraufhin über Ersuchen von August

Lederer mit Bescheid vom 17. Mai 1930 den Fries unter Denkmalschutz und ersuchte die

Herba, die Belassung der Tafeln in den Räumen zu ermöglichen, weil sie durch einen

Transport gefährdet wären. In einem Verzeichnis der in Wien gemäß § 3 DMSG unter Schutz

gestellten Denkmale, welche das Bundesdenkmalamt dem Bundesministerium für Unterricht

mit Bericht vom 3. Mai 1932 vorlegte, ist der Beethoven-Fries unter den unbeweglichen

Objekten angeführt. (§ 3 Ausfuhrverbotsgesetz, StGBl. 90/1918 idF BGBl 80/1923,

bestimmte, dass „Werke lebender Künstler und solcher Künstler, seit deren Tod noch nicht

20 Jahre vergangen sind“ vom Ausfuhrverbot ausgenommen sind.) Da Gustav Klimt am

6. Februar 1918 verstorben war, fiel der Beethoven-Fries erst ab dem 7. Februar 1938 unter

das Ausfuhrverbot.

 

 

Anfang des Jahres 1933 schlug Serena Lederer der Österreichischen Galerie vor, den Fries

für zwei oder drei Jahre im Theseus-Tempel (Volksgarten, Wien) zu zeigen. In einem Bericht

der Österreichischen Galerie an das Bundesministerium für Unterricht vom 11. März 1933

führte diese jedoch aus, dass „eine provisorische für die Dauer von zwei oder drei Jahren

vorgeschlagene Einfügung des Beethoven-Frieses […] für die Erhaltung […] nicht förderlich

[…] und museal […] nicht zweckmäßig ist.“ Anders wäre die Angelegenheit zu beurteilen,

wenn bei dieser Aufstellung an eine dauernde Lösung gedacht werde.

August Lederer verstarb am 30. April 1935; in seinem Testament setzte er seinen Sohn Erich

Lederer als Universalerben ein, dessen bedingte Erbserklärung zum inländischen

unbeweglichen Vermögen mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichts vom 4. Dezember

1935 angenommen wurde. Das Verlassenschaftsverfahren wurde jedoch wegen eines

Konkursverfahrens erst nach 1945 abgeschlossen.

 

 

Nachweislich wurde seit 20. August 1935 der Fries bei der Spedition E. Bäuml in Wien XX

gelagert. Von September bis Oktober 1936 wurden fünf Teile des Frieses bei der

„Ausstellung von Erwerbungen und Widmungen zu Gunsten der Öffentlichen Sammlungen in

Wien 1912 – 1936 sowie von Kunstwerken aus Privatbesitz“ gezeigt und anschließend

wieder in die Spedition E. Bäuml gebracht.

 

 

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurden Serena

Lederer und ihre Kinder als Juden vom NS-Regime verfolgt. Erich Lederer, der wie seine

Mutter Serena Lederer die ungarische Staatsbürgerschaft besaß, flüchtete bereits am

19. März 1938 nach Györ. Serena Lederer hielt sich laut Wiener Meldedaten bis Dezember

1938 in ihrer Wohnung in Wien I auf, flüchtete dann nach Budapest bzw. ebenfalls nach

Györ und war nochmals – allerdings nicht in ihrer Wohnung, sondern in einem Hotel – von

26. April 1939 bis 9. Dezember 1939 in Wien gemeldet.

 

 

Durch Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 26. November 1938 wurde die in der

Wohnung in Wien I befindliche Kunstsammlung gemäß § 4a Ausfuhrverbotsgesetz

sichergestellt; in einer undatierten, offenbar späteren Liste der sichergestellten Sammlung

findet sich unter Position 112 auch der Beethoven-Fries mit dem Hinweis: „Eingelagert bei

der Speditionsfirma Bäuml“. Der Fries wurde – anders als andere Werke Gustav Klimts aus

der Sammlung Lederer – nicht in die sogenannte Reichsliste, das Verzeichnis national

wertvoller Kunstgüter des Deutschen Reiches, aufgenommen, doch weisen Eintragungen in

den Listen der sichergestellten Kunstwerke darauf hin, dass die Österreichische Galerie an

einem Erwerb des mit RM 1.500,- geschätzten Frieses bis zu einem Betrag von RM 3.000,-

interessiert war.

 

 

Aus einem Aktenvermerk der Zentralstelle für Denkmalschutz vom Februar 1939 geht

hervor, dass wegen offener Forderungen, die „nicht gross sind im Vergleich zu den

vorhandenen Kunstwerken“, die Devisenstelle Pfändungen am Vermögen von Serena

Lederer nur im Einvernehmen mit der Zentralstelle vornehmen wird; weiters wurde eine

private Forderung gegen Serena Lederer in der Höhe von RM 36.000,- vermerkt. Dem

Vermerk ist eine mit 14. Februar 1939 datierte Liste nachgestellt, die in 28 Positionen jene

Kunstgegenstände der Sammlung Lederer nennt, für die „im Besonderen die Sicherstellung

aufrechterhalten werden müsste“. Unter diesen ist als Position 21 auch der Beethoven-Fries

genannt, mit dem Zusatz: „Eingelagert bei Bäuml“.

 

 

Mit Bescheid vom 27. Juli 1939 änderte der Magistrat der Stadt Wien den

Sicherstellungsbescheid vom 26. November 1938 dahingehend ab, dass die „Verwahrung

der Kunstgegenstände aus dem Eigentum Serena Lederer nunmehr an die Zentralstelle für

Denkmalschutz […] übertragen wird“, um „dem Treuhänder und Liquidator des Lederer-

Konzerns, Direktor Hermann Berchtold, die Veräußerung im Einvernehmen mit der

Zentralstelle […] zu ermöglichen.“ Nach einer Aufforderung der Zentralstelle teilte die

Österreichische Galerie dem Treuhänder Hermann Berchtold am 30. Juli 1939 mit, dass sie

am Erwerb von Kunstwerken aus der Sammlung Lederer, unter diesen auch der Beethoven-

Fries, interessiert sei. Als Schätzpreise veranschlagte die Österreichische Galerie gegenüber

der Zentralstelle für die beiden Fakultätsbilder von Gustav Klimt jeweils RM 6.000,- und für

den Fries RM 3.000,-.

 

 

Ende 1939 suchte Serena Lederer bei der Zentralstelle für Denkmalschutz um Bewilligung

der Ausfuhr ihrer bei der Spedition Kirchner & Co eingelagerten Kunstwerke an. Von diesen

nur summarisch angegebenen Kunstwerken wurden 27 Objekte für die Ausfuhr gesperrt, die

übrigen Werke mit Bescheid der Zentralstelle vom 22. Dezember 1939 für eine Ausfuhr

freigegeben. Der (bei der Spedition E. Bäuml gelagerte) Beethoven-Fries war offenbar nicht

Gegenstand des Ausfuhransuchens.Da Serena Lederer mit der Begründung, sie sei ausländische Staatsbürgerin, keine

Vermögensanmeldung abgegeben hatte, erstattete die Abwicklungsstelle der

Vermögensverkehrsstelle mit Schreiben vom 18. Jänner 1940 gegen Serena Lederer eine

Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien. In der Anzeige, die sich auch gegen weitere

Mitglieder der Familie Lederer richtete, wurde besonders „auf den immensen Wert der

Kunstsammlung“ hingewiesen, deren „Realwert ca. RM 3.000.000,- ausmacht, während der

Schätzwert mit RM 6.000.000,- angesprochen werden kann und für die bestimmt die hierfür

zuständigen Stellen Interesse haben“. Es wurde beantragt, dass gemäß §§ 7 und 8 der

Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden das gesamte Vermögen von

Serena Lederer zugunsten des Staates eingezogen werde. Im folgenden Strafverfahren teilte

Serena Lederer mit Schreiben vom 18. März 1940 und vom 24. April 1940 mit, dass sie

ungarische Staatsbürgerin sei und während der für die Vermögensanmeldung relevanten

Zeit nicht im Deutschen Reich gewohnt habe. In einer in Budapest notariell beglaubigt

unterfertigten Erklärung vom 28. Oktober 1940 gab Serena Lederer an, bestimmte

Kunstwerke, unter diesen auch die „Jurisprudenz“ von Gustav Klimt, dem Deutschen Reich

zu überlassen, wenn „hierfür, wie besprochen, die Freigabe bei einer vollständigen

Sammlung und die bedingungslose Bewilligung der Ausfuhr nach Ungarn“ gewährt werden.

Die mittlerweile in das Institut für Denkmalpflege gewandelte Zentralstelle für Denkmalpflege

antwortete, weder in der Lage zu sein, die Erklärung „zur Kenntnis zu nehmen, noch

dieselbe an andere Stellen weiter zu leiten“.

 

 

Am 22. Februar 1942 erklärte das Institut für Denkmalpflege gegenüber der Spedition Bartz,

die aus der arisierten Spedition E. Bäuml hervorgegangen war, den Beethoven-Fries „aus

dem Eigentum der Serena Lederer in Verwahrung zu nehmen“. Am 20. April 1942 wurde der

Spedition Kirchner & Co mitgeteilt, dass das Institut für Denkmalpflege grundsätzlich bereit

sei, die Ausfuhr des dort gelagerten Umzugsgutes zu bewilligen, jedoch mit Ausnahme der in

Verwahrung des Instituts befindlichen Kunstsammlung. Im Mai 1940 fanden

Verkaufsgespräche mit Hans Posse, dem Sonderbeauftragten für das in Linz geplante

Führermuseum, statt. Mit Beschluss vom 18. September 1942 sprach schließlich das

Landesgericht für Strafsachen Wien die Beschlagnahme des weiterhin bei der Spedition

Kirchner & Co gelagerten Umzugsguts aus.

 

 

Vom 7. Februar bis 7. März 1943 fand in der Wiener Secession (damals Ausstellungshaus

Friedrichstraße) eine Ausstellung im Gedenken des 80. Geburtstages von Gustav Klimt statt.

Bei dieser Ausstellung wurden auch zwei Teilstücke des Beethoven-Frieses (Sehnsucht

nach Glück und Mein Reich ist nicht von dieser Welt bzw. Diesen Kuss der ganzen Welt“)

gezeigt. Im zugehörigen Katalog wurden die Teile als Privatbesitz ausgewiesen.

Serena Lederer verstarb am 27. März 1943 in Budapest. Wenige Tage zuvor, am 24. März

1943 hatte der Generalkulturreferent beim Reichsstatthalter, Walter Thomas, den Direktor

der Österreichischen Galerie, Bruno Grimschitz, ersucht, mit der Tochter Serena Lederers,

Elisabeth Bachofen-Echt, in Verbindung zu treten, um zu erkunden, welche Kunstwerke

„unter Berücksichtigung der Wünsche der Österreichischen Galerie“ gegen eine Freigabe mit

der übrigen Sammlung angeboten werden. Erwähnt wird in diesem Schreiben auch, dass der

„bisherige Vorschlag, dass lediglich der Beethoven-Fries die Gegenleistung sein soll, […]

nicht befriedigen [kann] und […] keine Intervention [rechtfertigt], um den Führervorbehalt

aufzuheben.“

 

 

Nach dem Tod Serena Lederers am 27. März 1943 wurde der Antrag auf Einziehung ihres

Vermögens beim Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß § 8 Abs. 3 der Verordnung

über die Anmeldung des Vermögens von Juden abgeändert, damit auch ohne Verfolgung

einer bestimmten Person auf eine Einziehung von Vermögen erkannt werden konnte.

Am 21. Dezember 1943 wurde der Beethoven-Fries auf Schloss Thürnthal, Niederösterreich,

verbracht. Andere Teile der Sammlung Lederer waren bereits am 3. April 1943 in den

Bergungsort Schloss Immendorf verbrachtet worden, im Jahr 1944 folgten drei weitere

Bergungstransporte nach Schloss Thürnthal bzw. in das Salzbergwerk Bad Aussee.

Die Frage nach dem Eigentum an der Kunstsammlung verblieb jedoch offenbar ungelöst:

Während sich aus einem Schreiben des Kurators der Verlassenschaft nach August Lederer,

Friedrich Wedl, vom 9. August 1944 ergibt, dass dieser eine Liquidation der Verlassenschaft

gemäß § 6 der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens mit Hilfe des

Staatssekretärs für Kunst, Kajetan Mühlmann, beabsichtigte, berichtete Herbert Seiberl vom

Institut für Denkmalpflege an Gottfried Reimer, der für den Sonderauftrag Linz tätig war, am

12. August 1944, dass unklar sei, ob diese Verordnung hier zur Anwendung kommen könne.

Gottfried Reimer beurteilte die Sachlage als eine „ziemlich undurchsichtige Angelegenheit“

und meinte, es müsse vermieden werden, „dass das Reich auf einem scheinbaren

Rechtswege sich Kunstgegenstände aneignet, die nach dem Privatrecht ihm nicht zufallen

würden“. Herbert Seiberl kontaktierte daraufhin den Kurator der Verlassenschaft nach

Serena Lederer, Richard Heiserer, und bat ihn um eine Darstellung „des außerordentlich

verzwickten Rechtsfalles.“ Richard Heiserer antwortete am 28. September 1944, dass wegen

der zwischen August Lederer und Serena Lederer abgeschlossenen Ehepakte, der

letztwilligen Verfügungen und der zwischen den Eheleuten getroffenen Vereinbarungen, „die

Kunstsammlung […] und die Wohnungseinrichtung […] Bestandteil des Nachlasses von

Szerena Lederer [bilden], wobei die Abhandlung des beweglichen Nachlasses, wozu die

Kunstsammlung […] gehört, wiederum durch das ungarische Gericht […] stattfindet, weil

Szerena Lederer ebenso wie ihr Gatte ungarischer Staatsbürger war und im Zeitpunkt ihres

Ablebens in Budapest ihren Wohnsitz hatte.“

Am 10. November 1944 teilte Richard Heiserer dem Landesgericht für Strafsachen Wien mit,

dass der bei der Spedition Kirchner & Co eingelagerte „Grossteil der Verlassenschaft nach

Szerena Lederer gehörigen Wohnungseinrichtung und Kunstgegenstände, soweit sie sich

nicht in Verwahrung des Instituts für Denkmalpflege befinden“, durch einen Bombentreffer

vernichtet worden war.

 

 

Mit Beschluss vom 31. Jänner 1945 stellte das Landesgericht für Strafsachen Wien das

Verfahren gegen Serena Lederer ein und wies den Antrag auf Einziehung ihres Vermögens

ab. Inhaltlich führte das Landesgericht aus, dass die Nichtanmeldung des Vermögens auf

der „durchaus nicht unbegründeten Überzeugung der Serena Lederer“ beruht habe, nicht zur

Anmeldung verpflichtet gewesen zu sein.

 

 

Aus späteren Unterlagen des Bundesdenkmalamtes ergibt sich, dass Schloss Immendorf

vermutlich durch SS-Angehörige bei Kriegsende in Brand gesetzt und dadurch auch die dort

eingelagerten Kunstwerke der Sammlung Lederer zerstört worden waren.

Einem Aktenvermerk des Bundesdenkmalamtes vom 26. Februar 1946 ist zu entnehmen,

dass sich Erich Lederer, der Sohn von August und Serena Lederer, um Auskünfte über die

Kunstsammlung bemühte. Nachdem das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien über die

Verlassenschaft nach August Lederer den Konkurs eröffnet hatte, wurde das

Bundesdenkmalamt aufgefordert, die in seinem Gewahrsam befindlichen Kunstgegenstände

dem Masseverwalter Martin Höberle bekannt zu geben. Das Bundesdenkmalamt erklärte

jedoch, dass die Kunstsammlung im Eigentum von Serena Lederer gestanden sei. Diese

Rechtsansicht wurde auch von Richard Heiserer gegenüber dem Bundesdenkmalamt in

einem Schreiben vom 5. Juli 1946 bekräftigt.

 

 

Am 18. Juli 1946 beantragte das Bundesdenkmalamt beim Magistrat der Stadt Wien die

Aufhebung der Sicherstellung der Sammlung. In der Begründung führte das

Bundesdenkmalamt aus, dass die Sicherstellung erfolgt sei, weil der „Grund für diese

Sicherstellungsanträge […] die nach damaliger Auffassung bestehende Gefahr einer

Verbringung dieses Kulturgutes ins Ausland [war], da [...] die vermutete Eigentümerin, Frau

Serena Lederer, Jüdin war und ins Ausland (Ungarn) zu übersiedeln beabsichtigte. […]

Diese Gründe sind wie amtsbekannt inzwischen fortgefallen.“ Der Magistrat der Stadt Wien

hob daraufhin mit Bescheid vom 23. August 1946 die drei Sicherstellungsbescheide über die

Sammlung der Jahre 1938 und 1939 auf. Mit Beschluss des Landesgerichtes für

Zivilrechtssachen Wien vom 31. Juli 1946 wurde über das Vermögen von Erich Lederer und

mit Beschluss vom 2. August 1946 über die Verlassenschaft nach Serena Lederer das

Konkursverfahren eröffnet. Als Masseverwalter im Konkurs Erich Lederer wurde ebenfalls

Martin Höberle bestellt, während Otto Tiefenbrunner der Masseverwalter im

Konkursverfahren über die Verlassenschaft nach Serena Lederer wurde.

Am 4. September 1946 fragte das Bundesdenkmalamt beim Bundesministerium für

Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung nach, ob gegen eine Ausfolgung der

verwahrten Kunstgegenstände an den Masseverwalter Martin Höberle Bedenken bestehen

und führte aus, dass die mittlerweile aufgehobenen Sicherstellungsbescheide „mit keinerlei

Eigentumsverlust […] verbunden waren“. Nachdem Martin Höberle am 20. Jänner 1947 beim

Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung wegen einer Freigabe

der Kunstsammlung nachgefragt hatte, sprach sich auch das Bundesdenkmalamt am 2. April

1947 für eine Ausfolgung an den Masseverwalter aus und vertrat im Gegensatz zu seiner

bisherigen Meinung die Ansicht, dass die Kunstsammlung nicht im Eigentum von Serena

Lederer, sondern ihres vorverstorbenen Ehemanns August Lederer gestanden sei.

Mit Schreiben vom 19. Februar 1948 machte das Bundesdenkmalamt die Masseverwalter in

den Konkursen über die Verlassenschaften nach August Lederer, Serena Lederer und über

das Vermögen von Erich Lederer mit Bezug auf eine angedachte Verwertung darauf

aufmerksam, dass „im allgemeinen mit der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für die

Kunstgegenstände aus der Konkursmasse […] nicht gerechnet werden kann“.

 

 

Am 12. August 1948 ersuchte das Bundesdenkmalamt Martin Höberle „mit Bezug auf die

wiederholten diesbezüglichen teleph. Rücksprachen […] neuerlich den Beethoven-Fries aus

dem Besitz Serena Lederer, der zur Zeit in Schloss Thürnthal lagert, ehestens

abzutransportieren zu lassen.“ Das Depot werde mit 31. August 1948 aufgelassen, das

Bundesdenkmalamt sei bereit „für den Abtransport des Frieses, der auf Kosten der

Eigentümer zu erfolgen hat, die Bereitstellung eines Kulissenwagens der Staatstheater zu

vermitteln.“ Martin Höberle ersuchte am 28. August 1948, dass der Fries mangels anderer

Unterbringungsmöglichkeiten „ungeachtet der […] Auflassung des Depots bis auf weiteres im

Schloss Thürnthal“ verbleiben kann. Das Bundesdenkmalamt nahm dies mit Schreiben vom

22. September 1948 zur Kenntnis und verwies darauf, dass die weitere Belassung des

Frieses auf Kosten und Gefahr des Eigentümers erfolge und sein Abtransport nicht ohne

schriftliche Weisung des Bundesdenkmalamtes erfolgen dürfe.

 

 

Die genannten Konkursverfahren wurden erst beendet, nachdem die Gläubiger einem von

Erich Lederer am 25. November 1949 vorgeschlagenen Zwangsausgleich zugestimmt

hatten, durch den alle „Aktiven der Konkursmassen August Lederer, Serena Lederer und

Erich Lederer […] nach Aufhebung des Konkurses, soweit sie nicht zur Bezahlung der

[Forderungen] und der 20%igen Zwangsausgleichsquoten verwendet wurden, freies

Vermögen des Herrn Erich Lederer“ wurden. Die Beschlüsse über die Aufhebung der

Konkurse erfolgten im Dezember 1950 betreffend Erich Lederer und im Dezember 1951

betreffend die Verlassenschaften nach August Lederer und Serena Lederer.

Nach einer Anfrage des Rechtsvertreters von Erich Lederer, Hans Popper, teilte das

Bundesdenkmalamt am 11. Jänner 1950 eine Liste jener Kunstwerke mit, für die keine

Ausfuhrbewilligung zu erwarten sei; unter diesen Kunstwerken befand sich auch das Portrait

des Kardinal Bessarion von Gentile Bellini. Der Beethoven-Fries ist in dieser Liste nicht

genannt. Am 30. Jänner 1950 kam es hierüber im Bundesdenkmalamt zu einer Besprechung

zwischen Josef Zykan und Otto Demus einerseits und Hans Popper andererseits, in welcher

Otto Demus laut einem Aktenvermerk zwar bedauerte, dass das Ausfuhrgesetz auch im

Falle Erich Lederers anzuwenden sei, aber auch betonte, an diesem festzuhalten.

Nach weiteren Verhandlungen, als deren Ergebnis Erich Lederer schließlich eine Reihe von

Kunstwerken, nämlich das Portrait des Kardinal Bessarion von Gentile Bellini, Entwürfe von

Moritz von Schwind für den Zauberflötenzyklus der Staatsoper, Handzeichnungen von Egon

Schiele sowie ein Aquarell von Rudolf von Alt, den Bundesmuseen bzw. den Sammlungen

der Stadt Wien als Widmung anbieten musste, erteilte das Bundesdenkmalamt mit zwei

Bescheiden vom 28. Juni 1950 die beantragten Ausfuhrbewilligungen. Grundlage der

Bewilligung war die Abschrift eines elfseitigen Verzeichnisses von Hans Herbst,

Sachverständiger des Dorotheums, das den Beethoven-Fries nicht enthält und aus welchem

die oben genannten Widmungen gestrichen wurden.

 

 

In einem pro domo-Vermerk vom 2. Mai 1950 hatte Otto Demus festgehalten: „Neben den

genannten Obj. wäre auch die Überlassung des Aquarells von Franz Alt, Inneres der

Stephanskirche, an die Städt. Slgen zu fordern, der Beethovenfries von G. Klimt wäre zu

sperren. Für Jacobello + Bertos wäre Vorkaufsrecht zu sichern.“ Den Akten des

Bundesdenkmalamtes liegt außerdem ein handschriftlicher, nicht datierter Vorschlag von

Erich Lederer bei, mit dem er an Stelle der vom Bundesdenkmalamt geforderten Kunstwerke

als Widmungen auch zwei Alternativen anbot, nämlich die Schenkung u.a von rund 500

Blättern von Jakob Alt, Gustav Klimt, Egon Schiele und Moritz Schwind an die

Österreichische Galerie oder – als Alternative – die Schenkung des Beethoven-Frieses. Die

Alternative trägt zum Beethoven-Fries den offenbar vom Bundesdenkmalamt stammenden

Zusatz „allein nicht diskutabel“. Offenbar auf diese Schriftstücke bezieht sich ein pro domo-

Vermerk von Otto Demus vom 12. Mai 1950, in dem er festhielt:

 

 

Rechtsanwalt Dr. Popper übergab H. Min. Pernter [Anmerkung: Gemeint offenbar

Hans Pernter, 1887-1951, Bundesminister für Unterricht 1936-1938, nach 1945 Leiter

der Kunstsektion des Bundesministeriums für Unterricht] i.k.W. die beiden

inliegenden Schriftstücke mit Alternativvorschlägen für Widmungen. Die Vorschläge

wurden in 2 Besprechungen am 8. u. 11. Mai d.J. von Dir. Benesch, Hofr. Garzarolli

u. Dir. Buschbeck erörtert. Insbesondere dem Letztgenannten u. mir ist es gelungen

H. Min. Pernter von der Unannehmbarkeit der Angebote zu überzeugen, auch wenn

beide Alternativen kombiniert und durch die Überlassung des Jacobello ergänzt

würden. Das BDA wird also weiterhin auf der geschenksweisen Überlassung

[Hervorhebung im Original]

des Gentile Bellini

der Schwindlunetten

allenfalls einiger Handzeichnungen

des Aquarells von Franz Alt (St. Stephan)

2) auf Einräumung eines Vorkaufsrechts für

Bertos

Jacobello del Fiore

und

3) auf Ausfuhrsperre für

einige Viennensia

u. den Klimtfries

bestehen. Dr. Popper wird teleph. eingeladen, sich h.a. zu weiteren Besprechungen

einzufinden.

 

 

In einem Aktenvermerk des Bundesministeriums für Unterricht vom 25. Mai 1950 war zu den

von Erich Lederer für die Erteilung der Ausfuhrbewilligung verlangten Widmungen u.a.

festgehalten worden:

Die von Erich Lederer als Ersatz für die gesperrten Stück angebotenen

Kunstgegenstände: Klimt-Fries, Klimt- und Schiele-Handzeichnungen sind für die

österreichischen Museen nicht von besonderen Interesse, da die Albertina ohnehin

eine grosse Zahl von Klimt- und Schiele-Zeichnungen besitzt. Der Klimt-Fries wäre

wohl für die Österr. Galerie interessant, stellt aber absolut keinen Gegenwert für die

gesperrten Stücke dar und besitzt überhaupt keinen internationalen Marktwert.

In einem Bericht an das Bundesministerium für Unterricht vom 17. Juni 1950 teilte das

Bundesdenkmalamt mit, dass „das Übergeben der […] angebotenen Kunstwerke […] in

staatliches Eigentum von größerem öffentlichen Interesse ist, als der Verbleib der übrigen

Sammlungsbestände in privatem Eigentum innerhalb Österreichs“, weshalb das

Bundesdenkmalamt die Ausfuhr „der übrigen Sammlungsbestände (mit Ausnahme des

Beethoven-Frieses von Klimt)“ bewilligen könne. Das Bundesministerium für Unterricht

stimmte der Schenkung laut Aktenvermerk telefonisch am 26. Juni 1950 zu und holte dies

mit Schreiben vom 6. Juli 1950 schriftlich nach, in dem es das Bundesdenkmalamt

ermächtigte, die geschenkten Werke zu übernehmen sowie die Ausfuhr für die in einer Liste

B genannten, noch nicht aufgefundenen Kunstwerke der Sammlung Lederer „im Falle ihrer

Wiederauffindung […] zu Ausfuhr freizugeben. Das Bundesministerium […] stellt fest, dass

eine Freigabe des Beethovenfrieses von Gustav Klimt nicht erfolgen wird.“

Am 6. November 1950 machte das Bundesdenkmalamt Hans Popper aufmerksam, dass der

Beethoven-Fries von Erich Lederer aus Schloss Thürnthal ehestens zu übernehmen sei,

wenn Erich Lederer der Verfügungsberechtigte sei, „was ha. angenommen wird, weil ein

entsprechendes Ausfuhransuchen des Herrn Dr. Lederer gestellt worden war.“ Das Schloss

sei zwischenzeitig an seine Eigentümerin zurückgestellt und das Depot des

Bundesdenkmalamtes aufgelassen worden. Da der Fries nur auf Grund des Schreibens von

Martin Höberle vom 28. August 1948 belassen wurde, ersuchte das Bundesdenkmalamt um

eine Übernahmebestätigung und riet, mit der Schlosseigentümerin einen

Verwahrungsvertrag abzuschließen.

 

 

Nach einer weiteren Nachfrage bestätigte Hans Popper gegenüber dem Bundesdenkmalamt

am 10. Jänner 1951, dass Erich Lederer verfügungsberechtigt sei, worauf das

Bundesdenkmalamt am 8. Februar 1951 Hans Popper informierte, dass Schloss Thürnthal

von der Eigentümerin an einen Dritten verkauft worden sei und an die Notwendigkeit eines

Verwahrungsvertrages mit dem neuen Eigentümer erinnerte. Da keine Reaktion erfolgte,

forderte das Bundesdenkmalamt am 12. April 1951 nochmals Hans Popper auf, den

Beethoven-Fries in eigene Verwahrung zu nehmen oder eine Übernahmebestätigung zu

überbringen, andernfalls binnen eines Monats eine gerichtliche Verwahrung beantragt

werde. Hans Popper verwies auf laufende Verhandlungen über eine Unterbringung, worauf

das Bundesdenkmalamt seine Frist bis 1. November 1951 erstreckte. Da auch diese Frist

ohne Ergebnis verlief, beantragte das Bundesdenkmalamt am 14. Jänner 1952 beim

Bezirksgericht Kirchberg am Wagram die gerichtliche Verwahrung des Frieses gemäß

§ 1425 ABGB.

 

 

Das Bezirksgericht bestellte mit Beschluss vom 5. Mai 1953 das Bundesdenkmalamt zum

Verwahrer, wogegen sich dieses jedoch wegen befürchteter Schadenersatzforderungen von

Erich Lederer wandte. Auch wies die Finanzprokuratur darauf hin, dass der Antragsteller

nicht der Verwahrer sein könne. Das Kreisgericht Krems hob daher die Bestellung des

Bundesdenkmalamtes zum Verwahrer auf.

 

 

Im Sommer 1953 brachte die Österreichische Galerie durch Direktor Karl Garzarolli eine

Verwahrung im Marstall des Unteren Belvedere ins Spiel und verband damit offenbar die

Hoffnung, den Fries käuflich erwerben zu können. Auch Erich Lederer schien dieser Idee

zugeneigt, wie ein Bericht des Bundesdenkmalamtes an das Bundesministerium für

Unterricht vom 12. August 1953 zeigt. Die Finanzprokuratur warnte jedoch vor einer

Verwahrung in der Österreichischen Galerie, weil Erich Lederer immer wieder mit

Schadenersatzansprüchen gedroht habe, weil der Fries mangelhaft verwahrt werde. Auch

wies die Finanzprokuratur darauf hin, dass den Finanzbehörden gegen Erich Lederer

„möglicherweise eine in die 100.000,-e Schillinge gehende Gebührenforderung zusteht, da

ein von Lederer szt. abgeschlossener Vergleich nicht vergebührt wurde. So bestünde

vielleicht für die Republik die Möglichkeit unter günstigen Umständen zum Fries zu

kommen.“

 

 

Am 30. November 1953 wandte sich Erich Lederer an Josef Zykan vom Bundesdenkmalamt,

weil er nach einer Besprechung vom 22. Juli 1953 der Überzeugung war, dass

die Möglichkeit gegeben war, meinen Fries aus dem Schlosse Thürnthal […], die

warme Jahreszeit ausnutzend, […] in den […] Marstall des Prinzen Eugen,

verbringen zu lassen.

 

 

Nun hat sich scheinbar wieder die Finanz-Prokuratur eingeschaltet und der Klimt-

Fries müsste, wenn nicht baldigst zu seinem Gunsten etwas geschieht, wieder einem

nassen und kalten Winter, dem bösen Wetter in Thürnthal ausgesetzt sein. Der Klimt-

Fries ist das repräsentativste Werk österreichischer Kunst um die Jahrhundertwende

und das Hauptwerk von Klimt, nachdem dessen Universitäts-Bilder verbrannt sind.

Ich bitte Sie inständigst, […] in dieser Angelegenheit ehestens helfend einzugreifen

denn Sie sind eine amtliche Stelle und allmächtig, und ich nur ein Privatmann und

ohnmächtig. Es wäre doch wirklich zu schade, dass dieses Monumentalwerk das

berufen ist einmal in einer österreichischen Galerie zu glänzen und für Österreich zu

werben, wegen Berücksichtigung von Paragraphen, leidet oder gar zu Grunde geht.

Am 26. Oktober 1954 informierte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern das

Bundesdenkmalamt über eine Pfändung des Beethoven-Frieses wegen angelaufener

Abgabenrückst.nde von Erich Lederer. Diese Pfändung wurde jedoch nach einer Berufung

Erich Lederers gegen die Steuervorschreibung am 12. Mai 1955 wieder aufgehoben.

Nachdem auch das Historische Museum der Stadt Wien sich im immer noch anhängigen

Verwahrungsverfahren erfolgreich gegen seine Bestellung zum Verwahrer gewehrt hatte,

wurde auf Grund einer Anregung des Bundesdenkmalamts durch Beschluss des

Bezirksgerichtes Kirchberg am Wagram vom 24. August 1955 die (mittlerweile rückgestellte)

Spedition E. Bäuml zum Verwahrer bestellt.

 

 

In einem Schreiben an Karl Garzarolli vom 7. Oktober 1955 wiederholte Erich Lederer seinen

Wunsch, den Fries im Marstall des Unteren Belvedere zu verwahren, was jedoch Karl

Garzarolli mit dem Vorschlag, den Fries als Leihgabe an das in Errichtung befindliche

Historische Museum der Stadt Wien zu geben, beantwortete. Dies lehnte Erich Lederer am

28. Oktober 1955 ab: „Ich wäre bereit den Fries dem Neuen Museum [gemeint: das

Historische Museum der Stadt Wien] zu verkaufen, bin jedoch nicht bereit, den Fries als

Leihgabe zu überlassen.“

 

 

Da sich das Depot der Spedition E. Bäuml für den Fries als ungeeignet erwies, wurde der

Fries von der Spedition E. Bäuml am 6. August 1956 nach Stift Altenburg verbracht. In der

Folge entstand ein Streit über die Verwahrungskosten, die nach Ansicht der

Finanzprokuratur zwar vom Bundesdenkmalamt vorzustrecken seien, jedoch von der

Spedition in nicht angemessener Höhe verlangt würden. Im Zuge dieser

Auseinandersetzungen schlug die Spedition E. Bäuml vor, auf ihre „Ansprüche gegen die

Republik Österreich zu verzichten, wenn für den Fries die Ausfuhrgenehmigung erteilt

würde.“ Das Bundesdenkmalamt vermutete Erich Lederer hinter diesem Angebot, der „hofft,

im Ausland einen besonders hohen Preis zu erzielen“.

 

 

Am 9. April 1959 brachte die Finanzprokuratur dem Bundesdenkmalamt eine Klage der

Spedition E. Bäuml gegen die Republik Österreich wegen der Verwahrungskosten zur

Kenntnis. Dieses Verfahren endete im Juli 1961, als Erich Lederer die mit der gerichtlichen

Verwahrung verbundenen Kosten von sich aus übernahm und außerdem der Spedition

E. Bäuml und der Republik Österreich die Prozesskosten ersetzte.

Nach einem gemeinsamen Antrag von Erich Lederer und der Finanzprokuratur wurde die

gerichtliche Verwahrung des Frieses aufgehoben und dieser am 13. September 1961 in den

Marstall des Unteren Belvedere überführt.

 

 

Am 28. Februar 1967 berichtete der damalige Direktor der Österreichischen Galerie, Fritz

Novotny, an Erich Lederer, dass im Zuge der regelmäßigen Besichtigungen des Frieses

festgestellt wurde, dass „eine wesentliche Verschlechterung dieses Zustandes im Vergleich

zu der Situation im vergangenen Herbst, als Sie den Fries, gemeinsam mit Herrn

Bundeskanzler Dr. Klaus besichtigten“, festzustellen sei. Er ersuchte daher, dass Erich

Lederer als Eigentümer möglichst bald Bescheid gebe, was unternommen werden sollte. Am

selben Tag fand eine Besprechung von Vertretern des Bundesdenkmalamtes, des

Kunsthistorischen Museums und des Bundesministeriums für Unterricht statt, an der auch

Fritz Novotny teilnahm. In dieser Besprechung wurde festgehalten, dass Erich Lederer für

den Fries öS 8 Mio. verlange, das Limit der Republik jedoch bei öS 3 Mio. liege. Sollte Erich

Lederer dieses Angebot zu niedrig sein, würde man die Ausfuhr bewilligen.

Nach einer weiteren Besichtigung des Frieses durch Restauratoren im Mai 1967 teilte das

Bundesministerium für Unterricht der Finanzprokuratur mit Schreiben vom 26. Mai 1967 mit,

dass am Beethoven-Fries „besorgniserregende Verfallserscheinungen“ festzustellen seien,

doch habe der Eigentümer bisher keine Bereitschaft erkennen lassen, von sich aus etwas für die Rettung des

Kunstwerkes zu unternehmen. Es wäre ferner zu erwähnen, dass eine Erwerbung

des Frieses durch die Republik Österreich in Erwägung gezogen wird, doch sind die

diesbezüglichen Verhandlungen angesichts der überh.hten Preisforderungen des

Eigentümers, die sich derzeit auf S 8 Millionen belaufen, noch nicht in einem

konkreten Stadium.

 

 

Da die Erhaltung dieses monumentalen Hauptwerks von G. Klimt im öffentlichen

Interesse gelegen ist, beabsichtigt das Bundesministerium für Unterricht eine

Restaurierung von sich aus durch das Bundesdenkmalamt durchführen zu lassen. Es

ist beabsichtigt, die Kosten hierfür später gegen den Eigentümer geltend zu machen,

bzw. gegen einen allfälligen Kaufpreis aufzurechnen.

Das Bundesministerium ersuchte daher um eine Stellungnahme, „welche Schritte

unternommen werden müssen, um den Eigentümer später zu Refundierung der Kosten

verhalten zu können.“

 

 

Am 17. Juni 1967 ersuchte Erich Lederer den damaligen Präsidenten des

Bundesdenkmalamtes, Walter Frodl, „um die große Freundlichkeit […] zu verfügen, dass mir

das Denkmalamt, für den von Gustav Klimt gemalten Beethoven-Fries, der mein Eigentum

ist und im Unteren Belvedere untergebracht ist, die Ausfuhr-Genehmigung erteilt.“

Am 28. Juni 1967 fand im Bundesministerium für Unterricht eine Besprechung statt, bei

welcher laut einem vom Bundesdenkmalamt erstellten Aktenvermerk Walter Frodl festhielt,

dass dem Bundesdenkmalamt durch das Schreiben des Bundesministeriums für Unterricht

vom 6. Juli 1950 eine Weisung vorliege, wonach eine Ausfuhrbewilligung für den Fries nicht

erteilt werden kann. Fritz Novotny vertrat die Ansicht, dass „der Fries für Österreich zu

erhalten wäre“ und Erich Lederer „gute Chancen“ habe, den Fries im Ausland zu verkaufen.

Der Vertreter des Bundesministeriums für Unterricht, Carl Blaha, gab an, dass das

Bundesministerium an Erich Lederer mit einem ausgearbeiteten Restaurierungsvorschlag

und einem Kaufanbot in der Höhe von öS 3 Mio. herantreten wolle. Einvernehmen bestand,

dass Erich Lederer zu seinem Ausfuhransuchen vom 17. Juni 1967 „eine vorläufige

dilatorische Antwort zu geben“ sei.

 

 

In der Folge antwortete das Bundesdenkmalamt am 3. Juli 1967 Erich Lederer, dass „eine

umgehende Erledigung Ihres Ansuchens […] leider nicht möglich [sei], da ein

Ermittlungsverfahren durchgeführt werden muss, von dessen Ergebnis Sie verständigt

werden.“

Die Finanzprokuratur gab am 11. Juli 1967 die vom Bundesministerium ersuchte

ausführliche Stellungnahme ab, in der sie zum Schluss kam, dass „Herr Lederer,

vorausgesetzt, daß er die Renovierung des Frieses nicht untersagt hat, zum Ersatze dieser

Kosten verpflichtet ist.“

 

 

Erich Lederer, der offenbar von der Absicht, den Fries zu restaurieren, erfahren hatte,

untersagte in einem an die Österreichische Galerie gerichteten Schreiben vom 11. Jänner

1968 eine Restaurierung. Daraufhin wandte sich der Bundesminister für Unterricht, Theodor

Piffl-Perčević, mit Schreiben vom 7. Februar 1968 direkt an Erich Lederer und ersucht ihn,

den Fries selbst zu restaurieren oder seine Zustimmung zur Restaurierung zu geben. In

diesem Fall stünde zwar „der Republik Österreich ein Ersatz des Aufwandes“ zu, der sich

jedoch „im Falle einer Restaurierung durch das Bundesdenkmalamt, welches ja kein auf

Gewinn gerichtetes Unternehmen ist, in tragbaren Grenzen halten“ werde. Gleichzeitig

wurde beim Bundesdenkmalamt nachgefragt, ob der Beethoven-Fries unter Denkmalschutz

stehe.

 

 

Im Bundesdenkmalamt war offenbar die bereits durch Bescheid vom 17. Mai 1930 (über

Anregung von August Lederer) erfolgte Unterschutzstellung nicht mehr bekannt, vermutlich

15

weil der Fries als unbewegliches Objekt verzeichnet worden war. In einem Aktenvermerk

vom 25. Februar 1968 wurde festgehalten, dass sich aus einer Unterschutzstellung „folgende

Schwierigkeiten ergeben:

a) Es würde das öffentliche Interesse Österreichs an der Erhaltung in einem solchen

Maße dokumentiert, daß die unbedingte Erwerbung […] die Konsequenz […] sein

mü.te.

b) Der bekannt schwierige Eigentümer wäre […] so sehr verärgert, daß weitere

Erwerbsverhandlungen unmöglich würden, andererseits würde er seine bereits

beträchtlichen Preisforderungen weiter steigern.

Weiters wurde festgehalten, dass die Gefährdung des Frieses im sich ständig

verschlechternden Erhaltungszustand liege, dem durch eine Unterschutzstellung nicht

begegnet werde. Fritz Novotny, der sich ebenfalls für eine Unterschutzstellung des Frieses

ausgesprochen hatte, wurde hierüber „im kurzen Wege“ unterrichtet.

Erich Lederer antwortete am 12. März 1968 dem Bundesminister, dass er mit dem

Restaurator Giuseppe Marchig gesprochen habe. Er werde im April in Wien sein und mit

Giuseppe Marchig den Fries ansehen und hoffe dann auch den Bundesminister treffen zu

können, um mit ihm über den Fries und das Portrait des Kardinals Bressarion zu sprechen,

zwei Themen, die er hoffe „nach 22 Jahren vieler, vieler Pourparlers, in Ordnung bringen zu

können, so dass dieser Complex endlich bereinigt wäre.“

Im letzten Drittel des Jahres 1968 übersandte Erich Lederer der Österreichischen Galerie

drei internationale Gutachten zum Wert des Beethoven-Frieses, die er über Anregung von

Theodor Piffl-Perčević eingeholt hatte. Die Gutachten stammten von Franco Russoli

(Pinacoteca di Brera), Franz Mayer (Kunstmuseum Basel) und Christie´s (London). Alle

Gutachten bezifferten den Wert des Frieses mit US$ 1 Mio und darüber. (Gemessen am

Jahresdurchschnitt von 1968 entsprach der Betrag von US$ 1 Mio. einem Gegenwert von

öS 25,8 Mio.).

 

 

Hans Aurenhammer, der neue Direktor der Österreichischen Galerie, betonte in einem

Bericht an das Bundesministerium für Unterricht vom 25. Juni 1969 nochmals die Bedeutung

des Frieses und wies auf den mittlerweile auf US$ 1 Mio. gestiegenen Verkaufspreis hin. Im

„Hinblick auf die Gefährdung des Kunstwerkes“ sah er sich „gezwungen, um eine

Entscheidung über den weiteren Verbleib des Frieses zu bitten, damit der Fries restauriert,

d.h. für die Nachwelt erhalten bleiben kann – auch wenn dadurch der Verlust des

Klimt´schen Kunstwerkes für Österreich in Kauf genommen werden muß.“ Er sah drei etwas

näher ausgeführte Alternativen:

1. Ankauf des Frieses und Restaurierung durch das Bundesdenkmalamt;

2. Sperre der Ausfuhr und Restaurierung durch das Bundesdenkmalamt gegen den

Willen Erich Lederers, der aber bereits jeden Eingriff verboten habe;

3. Freigabe des Frieses zur Ausfuhr, nach Möglichkeit unter der Auflage, dass der

Eigentümer den Fries auf eigene Kosten transportfähig macht.

Am 15. Juli 1969 fand im Bundesministerium für Unterricht eine Besprechung über den

Bericht der Österreichischen Galerie statt, bei welcher die Gründung eines Komitees durch

Fritz Novotny und Walter Koschatzky in Aussicht genommen wurde, welches auch von

privater Seite Mittel für den Erwerb aufbringen sollte. Weiters wurde beschlossen, dass das

Bundesministerium für Unterricht „offiziell bei Erich Lederer um den Verkaufspreis“ anfragen

wird.

 

 

Am 23. Juli 1969 schrieb der neue Bundesminister für Unterricht, Alois Mock, an Erich

Lederer und machte darauf aufmerksam, dass der Verfall des Frieses „in immer

bedrohlicherem Maße“ fortschreite und daher eine „Entscheidung über das künftige

Schicksal des Kunstwerkes erfolgen muß, soll dieses nicht dem endgültigen Verfall

preisgegeben werden.“ Weiters ersuchte er „um Verständnis dafür, dass das

Bundesministerium für Unterricht nach einer Lösung sucht, die erlaubt dieses […]

Monumentalwerk […] auch weiterhin für Österreich zu erhalten. Ich wäre Ihnen daher

dankbar, wenn Sie mir einen Preis nennen könnten, zu welchem Sie zu einem Verkauf bereit

wären.“

 

 

Erich Lederer antwortete am 22. August 1969, dass er „von Herzen gern“ den Fries im

Pausenfoyer der Staatsoper sähe und meinte, dass man „in einer Besprechung einen, beide

Seiten befriedigenden Preis vereinbaren [könnte], was leider in den vergangenen 23 Jahren

nicht gelungen ist.“ Am 11. Dezember 1969 bestätigte Alois Mock das grundsätzliche

Interesse an einem Erwerb, wies aber auch auf die begrenzten finanziellen Möglichkeiten

hin.

 

 

Da es offenbar zu keinen weiteren Ergebnissen gekommen ist, gab Bundeskanzler Bruno

Kreisky am 30. Mai 1970 Erich Lederer brieflich die Zusage, dass er sich für ein Kaufanbot in

der Höhe von etwa öS 6 Mio. verwenden würde und erinnerte dabei an das Mäzenatentum

der Familie Erich Lederers. Erich Lederer dankte Bruno Kreisky am 16. Juni 1970 dafür,

dass er „persönlich die Angelegenheit aufgegriffen [habe], dies umso mehr, als die

Gespräche über einen eventuellen Erwerb seit dem Jahr 1946 – das sind immerhin 24 Jahre

– geführt werden.“ Da er im Moment immobil sei, werde er seinen Freund Karl Kahane

bitten, sich mit Bruno Kreisky „zu unterhalten“.

 

 

In einer nicht adressierten, handschriftlichen Darstellung, die mit 19. Juni 1970 datiert ist und

möglicherweise als Gesprächsunterlage für Karl Kahane gedacht war, legte Erich Lederer

seine Sicht dar [Hervorhebungen im Original]:

[..] Seit 24 Jahren will „Oesterreich“ ihn [gemeint: den Beethoven-Fries] erwerben,

fast ein ‚Menschenalter‘ und ausführen darf ich ihn nicht! Und so will man mich in die

Knie zwingen. Es mutet an als stünden die Behörden mit der Uhr in der Hand da, und

sagten sich, stirbt er endlich, stirbt er nicht endlich dieser LEDERER!

Der Unterrichts-Minister Dr. Piffl-Percevic hat mir nahegelegt im Museum in Basel […]

und bei Christie´s in London Schätzungen einzuholen, damit endlich ein richtiger

Preis fixiert sei. […] Ich habe diese Schätzungen besorgt und sie sind beigelegt. Und

ich möchte betonen, dass seitdem fast 1ó Jahre vergangen sind in denen die Bilder

im Preis sehr gestiegen sind.

In Immendorf hat man ein Großteil meines Kunstbesitzes zugrunde gehen lassen [...],

aber die dort gelagerten Bilder des Belvedere´s, die hat man abgeholt und gerettet!

Und trotzdem hat man mir völlig ungerechtfertigt mein Bild von „Gentile Bellini“

geraubt!

Die Aquarelle von Schwind […] und die vielen Aquarelle von „Egon Schiele“ und

anderes, habe ich gerne für die „Albertina“ gegeben, weil es „AUSTRIACA“ waren,

aber man kann doch wirklich nicht behaupten, dass der „Cardinal Bessarion“,

geboren in Trapezunt und gemalt von „Gentile Bellini“ ein „Austriacum“ ist.

Ich wäre sehr froh, wenn man mir endlich den nicht ausführbaren Fries abkaufen

würde und der „Gentile Bellini“ zurückgegeben wird, und dieser „makabre“ Wettlauf

um meinen Tod ein Ende finden würde!

 

 

Am 4. Februar 1971 berichtete das Bundesdenkmalamt unter Bezug auf eine entsprechende

Anfrage des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, dass der Beethoven-

Fries nicht unter Denkmalschutz steht, wobei offenbar wieder der Bescheid vom 17. Mai

1930 übersehen wurde. Eine Unterschutzstellung werde aus den im Aktenvermerk vom

25. Februar 1968, der im Bericht wiedergegeben wurde, angegebenen Gründen abgelehnt

und zusätzlich wurde ausgeführt:

 Das Objekt steht nach wie vor in öffentlicher Verwahrung und bedarf

keines Schutzes.

 Die Gefährdung des Frieses liegt in der technologischen Ursache seines

progressiven Verfalls, doch würde auch die USCH-stellung keine

Möglichkeit zu einem restauratorischen Eingriff bieten.

 Der Gefahr einer überstürzten Verbringung ins Ausland ist - abgesehen

von den Dimensionen und dem Zustand des Objekts - durch das

österreichische Ausfuhrverbotsgesetz zu begegnen. Das BMfU hat mit

Erlaß vom 6.7.1950 Zl. 29.095-II/6/50 eine Ausfuhrsperre angeordnet. Zu

einem neuerlichen Ausfuhransuchen des Herrn Lederer vom 17.6.1967

hat das BDA unter ha. Zl. 4427/67 vom 3.7.1967 dem BMfU berichtet,

nachdem am 28.6.1967 im BMfU eine Besprechung der Angelegenheit

stattgefunden hatte, bei der alle Teilnehmer für eine Ausfuhrsperre

eingetreten waren. Das BMfU erteilte hiebei dem BDA die Weisung, das

Ausfuhransuchen mit Rücksicht auf die laufenden Ankaufsverhandlungen

dilatorisch zu behandeln. Das BDA tritt nach wie vor für eine

Ausfuhrsperre ein.

 

 

 Wenn bei einem bestehenden DSCH-Schutz bei einem beweglichen

Kunstwerk eine Maßnahme nach § 7 durch den Landeshauptmann

beantragt wird, so hat diese Maßnahme immer als Optimum nur eine

Situation erbracht, die im gegenständlichen Fall schon besteht: die der

öffentlichen Verwahrung.

[…] Im Übrigen glaubt das BDA […], daß eine USCH-Stellung den bekanntlich sehr

schwierigen Eigentümer nur verärgern könnte. Zusätzlich wäre derzeit noch folgende

Überlegung anzustellen:

Es würde in der Öffentlichkeit den Anschein erwecken, daß die vom Herrn Bundeskanzler

grundsätzlich geäußerte Bereitschaft, das Objekt zu erwerben, durch die für den Staat

kostenlose Maßnahme der USCH-Stellung ersetzt werden sollte, eine Optik, die nur zum

Nachteil der damit befaßten Stellen wirksam würde und den guten Willen der mit der

Angelegenheit neuerdings befaßten hohen Politiker in Frage stellen könnte. [… Der] Weg

zur Rettung des Kunstwerks [führt] allein über den Ankauf durch den Bund. Ob allerdings

eine vollbefriedigende Restaurierung […] erreicht werden kann, vermag das BDA ohne

Probearbeit nicht verbindlich beurteilen.

 

 

Am 14. April 1971 ersuchte die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, Hertha

Firnberg, Bruno Kreisky mit Erich Lederer wegen des Ankaufs in Kontakt zu treten, weil „Du

an dem […] Beethovenfries großes persönliches Interesse bekundet hast und auch Kontakte

zu Erich Lederer […] besitzt, darf ich Dich bitten, direkt mit ihm wegen eines Ankaufs zu

verhandeln. Da der Fries in einem „ziemlich desolaten Zustand“ sei, nahm sie den Wert mit

ca. öS 2 – 3 Mio. an, bei Restaurierkosten von öS 5,5 Mio. (die jedoch in der Folge mit

öS 500.000,- angegeben wurden).

Auch nach einem Gespräch zwischen Erich Lederer und Bruno Kreisky schlug Erich Lederer

eine Bitte des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, der Restaurierung des

Frieses zuzustimmen, am 23. August 1971 aus. Er begründete dies damit, dass erstens „mir

der Herr Bundeskanzler ein Kaufangebot für den Herbst […] in Aussicht gestellt [hat], und

zweitens erscheint es ratsam den Fries erst nach seiner endgültigen Aufstellung restaurieren

zu lassen.“

 

 

Am 27. Oktober 1971 legte Hans Herbst, Experte des Dorotheums, über Auftrag des

Bundesdenkmalamts ein Schätzgutachten vor, das den Fries mit öS 6 Mio. bewertete. Dies

allerdings unter der Voraussetzung, dass der Fries in seiner Gesamtheit restaurierbar ist,

sollte der Fries nicht in seiner Gesamtheit restaurierbar sein, empfiehlt er „von der

Erwerbung abzusehen und den Fries zur Ausfuhr freizugeben.“

 

 

 

In einem Schreiben vom 11. Dezember 1971 an Erich Lederer betonte der damals in Basel

lehrende Hermann Fillitz die kunstgeschichtliche Bedeutung des Beethoven-Frieses. Eine

konkrete Wertangabe wollte Hermann Fillitz mit Hinweis auf seine mangelnden Erfahrungen

am Kunstmarkt nicht machen, meinte aber, dass die von Hans Herbst gemachte Schätzung

„sicherlich weitaus zu niedrig ist“. Die Schätzung von Christie´s schiene ihm „so sehr sie

vielleicht auf den ersten Blick hoch erscheint, jene Wertzone zu umgreifen, in der sich heute

der Preis für solch ein Werk bewegen müsste. […] In den letzten Jahren steigen aber die

Preise […] laufend an. Auch wenn ich die Preise von namhaften modernen Künstlern

heranziehe, scheint mir die Schätzung Christie´s eine gute Orientierungsbasis zu sein.“

Da sich aus dem Schreiben von Hermann Fillitz, das Erich Lederer vorlegte, kein konkreter

Preis ergab, ersucht das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Erich Lederer

am 4. Jänner 1972 einen weiteren Gutachter zu nominieren. Erich Lederer schloss daraus,

dass das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung „am Erwerb des Beethoven-

Frieses nicht ernsthaft interessiert“ sei. Das Bundesministerium für Wissenschaft und

Forschung bemühte sich um eine Richtigstellung und betonte in einer Antwort vom

16. Februar 1972, dass „sehr wohl größtes Interesse“ bestehe und ersuchte Erich Lederer

um ein schriftliches Verkaufsangebot.

Karl Kahane übermittelte Bruno Kreisky den Briefwechsel und fügte an, dass Erich Lederer

die Verhandlungen als gescheitert betrachte und nur durch eine persönliche Initiative von

Bruno Kreisky der Beethoven-Fries für Österreich erhalten werden könne. In einer internen

Information für Bruno Kreisky bewerte Hans Aurenhammer den Fries mit etwa öS 12-13 Mio.

und sprach die Befürchtung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung an,

dass der Ankauf aus seinem laufenden Budget bestritten werden müsse. Weiters betonte er,

dass Erich Lederer endlich ein seriöses Angebot gemacht werden müsse.

In einer Antwort an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung verwies Erich

Lederer am 13. März 1972 auf die bereits vorgelegten Gutachten, die den Wert des Frieses

mit US$ 1 Mio. beziffern und wiederholte seine „bereits Frau Bundesminister Firnberg

gegenüber geäusserte Bereitschaft, […] beim Erwerb weitmöglich entgegenkommen zu

wollen“ und ersuchte seinerseits „baldmöglichst ein festes Angebot machen zu wollen.“

Ebenfalls am 13. März 1972 fand bei Hertha Firnberg eine Besprechung über den Ankauf

des Frieses statt. Am 28. März 1972 schrieb Hertha Firnberg an Erich Lederer, dass sie am

11. und 12. April 1972 in Lausanne sein werde und ihn in dieser Angelegenheit an einem der

Abende in Genf treffen wolle. Erich Lederer und seine Frau luden darauf Hertha Firnberg und

ihren Sekretär Wolf Frühauf zu einem Abendessen am 12. April 1972 zu sich nach Hause

ein.

 

 

 

Mit Schreiben vom 19. April 1972 bedankte sich Erich Lederer bei Hertha Firnberg für den

Besuch und akzeptierte das offenbar bei dem Abendessen gemachte Angebot, den

Beethoven-Fries um öS 15 Mio. zu verkaufen. Er fügte hinzu: „Wollen Sie bitte in meinem

Entgegenkommen, was den Preis betrifft, den Beweis meiner besonderen Wertschätzung

Ihrer und des Herrn Bundeskanzler Bemühungen ersehen.“

Hertha Firnberg ersuchte in der Ministerratssitzung vom 23. Mai 1972 um die Ermächtigung

den Fries um die vereinbarten öS 15 Mio. erwerben zu können. Laut dem

Ministerratsprotokoll führte sie aus:

Ich glaube, daß es dem Ministerrat bekannt ist, daß sich das einzige Monumentalwerk

KLIMT´s in Österreich befindet. Es kann wegen eines Ausfuhrverbotes seinem im

Ausland lebenden Eigentümer nicht übermittelt werden. Die Verhandlungen des

österreichischen Staates bezüglich des Erwerbs […] waren bisher erfolglos. Mit

Zustimmung des Bundeskanzlers habe ich Schätzungen über den Preis dieses Werkes

einholen lassen, […]. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, daß es sich bei der Arbeit

um das einzige große Monumentalwerk KLIMT´s handelt, das erhalten ist. Weil das

Kunstwerk in seinem jetzigen Depot gefährdet scheint, habe ich mich […] ermächtigen

lassen […] mit dem Eigentümer LEDERER wegen eines Ankaufes […] in Verbindung zu

treten. Ich habe […] die Ermächtigung erhalten, […] bis zu einem Ankaufspreis von 15

Millionen Schilling verhandeln zu können. Die durchgeführten Schätzungen […] belaufen

sich überwiegend auf eine Million US-Dollar. […] LEDERER hat sich […] Bedenkzeit

erbeten und nun schriftlich mitgeteilt, daß er bereit ist, dieses Werk um den genannten

Preis der Republik Österreich zu überlassen; dies, obwohl er von anderer Seite Angebote

hatte, die wesentlich höher liegen. Dazu kommt, daß man dieses Kunstwerk mit einer

entsprechenden Sorgfalt auch transportieren könnte. LEDERER hat sich entschlossen,

dieses Kunstwerk uns zu überlassen, weil der Herr Bundeskanzler daran in einem so

besonderen Maße interessiert ist. […]

Bruno Kreisky legte den Entscheidungsspielraum der Bundesregierung wie folgt dar:

Über das Geschick dieses Werkes wurde 27 Jahre lang verhandelt, da es sich um

entzogenes Vermögen handelt. Dieses Kunstwerk ist seit Jahren vom Verfall bedroht,

weil es […] nicht für die Zukunft gedacht war […]. Die Frage, vor der wir standen, war, ob

man die Ausfuhr erlauben soll, was zu einem großen Geschrei deshalb geführt hätte, daß

man dieses Werk eines der größten österreichischen Künstler der Heimat entzieht oder

aber, ob man es erwirbt. Übernimmt man es […], dann muß es zu einem Preis

geschehen, der angemessen ist. Bei den Beträgen, die derzeit für KLIMT und SCHIELE

gezahlt werden, wäre der Preis von 1 Million Dollar durchaus realistisch. […] Ich halte

das, was die Frau Bundesminister […] vorschlägt, für einen Preis, zu dem man dieses

Monumentalwerk erwerben sollte. Zweifellos wird es in Österreich Vorstellungen gegen

den Ankauf […] geben und ich kann mir schon vorstellen, von wo sie kommen werden,

weil dieses Kunstwerk schon vor einiger Zeit […] als Pornographie bezeichnet wurde. Ich

glaube aber, dass es gerechtfertigt ist, hierfür einen relativ hohen Preis zu bezahlen, weil

die Absicht besteht, dieses Kunstwerk in der großen Eingangshalle der UNO-City […] zu

plazieren. […] Bei den gigantischen Kosten der UNO-City wird die Anschaffung […] im

Vergleich bestenfalls die Kosten für die Ausstattung eines kleinen Sitzungssaales

ausmachen. […] Ich kann den Antrag […] nur unterstützen und glaube, daß angesichts

des umstrittenen Charakters dieser Anschaffung die gesamte Bundesregierung davon

Kenntnis haben soll. Im übrigen weiß auch der Bundesminister für Finanzen von diesem

Vorhaben Bescheid und hat der Anschaffung zugestimmt.

 

 

Der Betrag von öS 15 Mio. entsprach damals einem Wert von rund US$ 650.000,-.

Die schriftliche Ausfertigung des Kaufvertrages wurde Erich Lederer vom Bundesministerium

für Wissenschaft und Forschung am 18. November 1972 übersandt, die Mittel für den Ankauf

wurden im Rahmen des Zweiten Budgetüberschreitungsgesetzes 1972, BGBl. 284/1972,

bereitgestellt. Die Österreichische Galerie wurde am 20. Februar 1973 angewiesen, den

Fries zu inventarisieren.

 

 

Erich Lederer versah am 23. November 1977 eine Ausgabe des Werkes von Marian Bisanz-

Prakken, Gustav Klimt – Der Beethovenfries (Salzburg, 1977) mit einer persönlichen

Widmung für Bruno Kreisky, „der sich mit dem Erwerb dieses Frieses, unbewusst, auf

dauernde Zeiten in der Kunstgeschichte Österreichs ein Denkmal gesetzt hat.“

In weiterer Korrespondenz zwischen Bruno Kreisky und Erich Lederer finden sich dessen

Bemühungen, das Portrait Kardinal Bessarion von Gentile Bellini wiederzuerlangen.

 

 

 

Der Beirat hat erwogen:

1. Rechtslage, Tatbestandselemente

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz in der durch BGBl. I Nr. 117/2009 novellierten

Fassung können Sammlungsobjekte, die „Gegenstand von Rückstellungen […] waren […]

und […] im engen Zusammenhang mit einem daraus folgenden Verfahren nach den

Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von

geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung, StGBl. Nr. 90/1918, in das

Eigentum des Bundes übergegangen sind“, an die ursprünglichen Eigentümer oder deren

Rechtsnachfolger von Todes wegen übereignet werden. Anders als nach der ursprünglichen

Rechtslage bildet die Unentgeltlichkeit des Eigentumserwerbs keine

Tatbestandvoraussetzung. Der Beirat hat daher zu prüfen, ob der Tatbestand gemäß § 1

Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz hinsichtlich des im Jahr 1972 um öS 15 Mio. vom Bund

erworbenen Beethovenfrieses erfüllt ist.

 

 

a. Zusammenhang

Die Erläuterungen in der Regierungsvorlage (238 der Beilagen zu den Stenographischen

Protokollen des Nationalrates, XXIV. GP) führen zu § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz

idgF aus:

22

 

 

§ 1 Abs. 1 Z 1 betrifft Erwerbungen, die im Gegenzug zur Erteilung einer

Ausfuhrbewilligung nach dem damals geltenden Ausfuhrverbotsgesetz, StGBl.

Nr. 90/1918, vereinbart wurden. Der Beirat hat bereits bisher die Auffassung

vertreten, dass weder ein formelles Rückstellungsverfahren noch eine formelle

Rückstellung Tatbestandsvoraussetzungen sind, sondern die Verknüpfung von

Rückstellung, Ausfuhrabsicht und Eigentumsübertragung an den Bund (Empfehlung

des Beirates vom 18. August 1999 „Czeczowiczka“). Es soll nun klargestellt werden,

dass auch ein Objekt, das gerade deshalb nicht Gegenstand eines

Rückstellungsverfahrens wurde, weil der (ursprüngliche) Eigentümer auf seinen

berechtigten Rückstellungsanspruch im Gegenzug zur Erteilung einer

Ausfuhrbewilligung verzichtete bzw. diesen nicht geltend machte, unter den

Tatbestand der Z 1 fällt. Der enge Zusammenhang zwischen der Rückstellung, dem

Ausfuhrverfahren und dem Eigentumsübergang auf den Bund ist sowohl in sachlicher

als auch in zeitlicher Hinsicht zu verstehen. In der Regel erfolgten diese Erwerbungen

unentgeltlich als „Schenkungen“ oder „Widmungen“. Die Bestimmung soll nun auf alle

Fälle, in welchen der Bund unter dem Druck des Ausfuhrverfahrens Eigentum erwarb,

ausgeweitet werden. Zu denken ist vor allem an Erwerbungen zurückgestellter

Kunstwerke und sonstiger Kulturgüter, deren Ausfuhr den nach Flucht und

Vertreibung nun im Ausland lebenden Eigentümern nicht bewilligt wurde, sodass sie

zu einem Verkauf faktisch gezwungen waren.

 

 

Es ist daher vorerst festzustellen, dass unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 1 Z 1

Kunstrückgabegesetz vor allem drei Elemente von Bedeutung sind, nämlich eine

Rückstellung, ein Ausfuhrverfahren und ein Eigentumserwerb des Bundes. Es ist weiters

erforderlich, dass das Ausfuhrverfahren aus der Rückstellung gefolgt ist (arg.: „einem daraus

folgenden Verfahren und der Eigentumserwerb des Bundes mit diesem Verfahren „im engen

Zusammenhang“ steht). Daraus folgt, dass der Tatbestand nicht nur eine Rückstellung, ein

Ausfuhrverfahren und einen Eigentumserwerb des Bundes erfordert, sondern dass diese drei

Elemente auch in einem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht engen Zusammenhang stehen.

In diesem Sinne hat auch der Beirat in seiner Empfehlung vom 7. März 2014 (Paul Cahn-

Speyer) eine Rückgabe empfohlen, weil dort „ein enger Zusammenhang in zeitlicher wie in

sachlicher Hinsicht zwischen der Rückstellung […], den Verfahren nach dem

Ausfuhrverbotsgesetz und dem Ankauf“ bestand. In seiner Empfehlung vom 10. Juni 2010

(Richard Neumann) sah der Beirat einen derartig engen Zusammenhang zwischen den drei

Elementen darin, dass unmittelbar nach einem Rückstellungsbeschluss ein Ausfuhrantrag

gestellt wurde, der somit „Teil der unmittelbar aus der Rückstellung folgenden Dispositionen“

war und der Eigentumserwerb des Bundes im Zuge des Verfahrens nach dem

Ausfuhrverbotsgesetz erfolgte. Der Beirat hat einen derartig engen Zusammenhang in einer

zweiten Empfehlung vom 10. Juni 2010 (Emil Zuckerkandl) verneint. In diesem Fall wurde

zwar ein Ausfuhrantrag des geschädigten Eigentümers unmittelbar nach der Rückstellung im

Jahr 1948 abgewiesen, ein damals angestrebter Eigentumserwerb des Bundes kam

während dieses Verfahrens jedoch nicht zu Stande. Da das Gemälde erst zehn Jahre später

und von einem Dritten, welcher das Gemälde vom geschädigten Eigentümer erworben hatte,

durch den Bund angekauft wurde, verneinte der Beirat den engen Zusammenhang zwischen

dem (aus der Rückstellung folgenden) Ausfuhrverfahren von 1948 und dem Ankauf von

1958.

 

 

 

b. Ausfuhrverfahren

In seiner Empfehlung vom 8. Oktober 2010 (Jenny Steiner) setzte sich der Beirat mit der

Frage auseinander, welches Verwaltungshandeln das Tatbestandselement eines

„Verfahrens“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz erfüllt; hierfür wurden die

antragsgebundenen Verwaltungsverfahren nach § 4 Ausfuhrverbotsgesetz oder die von

Amts wegen einzuleitenden Sicherungsverfahren nach §§ 4a bis 4d Ausfuhrverbotsgesetz in

Betracht gezogen. Für die Frage des Zusammenhanges zwischen dem Verfahren und dem

Eigentumserwerb des Bundes sei entscheidend, ob der Entschluss des geschädigten

Eigentümers, das Gemälde dem Bund zu verkaufen, wesentlich durch ein

Ausfuhrverbotsverfahren motiviert war; eine bloß allgemeine Kenntnis des

Ausfuhrverbotsgesetzes und seiner restriktiven Handhabung durch das Bundesdenkmalamt

erfülle keinesfalls den vom Kunstrückgabegesetz geforderten „engen Zusammenhang“.

In seiner Empfehlung vom 26. September 2014 (Paul Zsolnay) führte der Beirat diesen

Gedanken dahingehend fort, dass das Tatbestandselement des engen Zusammenhangs des

Erwerbs mit einem „Verfahren“ nach dem Ausfuhrverbotsgesetz auch dann gegeben sein

kann, wenn zwar kein (formelles) Verwaltungsverfahren stattfand, das Verwaltungshandeln

des Bundesdenkmalamtes (und des erwerbenden Bundesmuseums) jedoch derart verdichtet

ist, dass auch aus dem Blickwinkel des Veräußerers der enge Zusammenhang zwischen

dem Ausfuhrverbot, der Rückstellung und dem Erwerb gegeben ist.

 

 

c. Rückstellung

In seiner Empfehlung vom 8. Oktober 2013 (Willibald Duschnitz) hat der Beirat dargelegt,

dass es unter den Gesichtspunkten des § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz nicht

entscheidend ist, ob den Verfolgten das Eigentumsrecht am Kunstwerk durch ein

Rechtsgeschäft oder eine Rechtshandlung im Sinne des § 1 Nichtigkeitsgesetz 1946 auch

formal entzogen worden war. Es kann daher zu kurz gegriffen sein, die Wiederherstellung

der (faktischen) Verfügungsmacht, die sich etwa auch auf eine rei vindicatio hätte stützen

können, als „Rückstellung“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz kategorisch

auszuschließen. In einer weiteren Empfehlung vom selben Tag (Heinrich Rothberger) führte

der Beirat aus, dass es im Hinblick auf das Tatbestandselement der Rückstellung nicht

wesentlich ist, „ob ein Kunstwerk auch formal Gegenstand eines Verfahrens nach einem der

Rückstellungsgesetze war (oder hätte gewesen sein können), sondern ob durch ein

Ausfuhrverbot die wiederherzustellende Verfügungsmacht des Verfolgten beschränkt wurde,

um einen unmittelbaren Erwerb durch den Bund zu bewirken.“

 

 

2.

Zur Rückstellung des Beethovenfrieses

Wie sich aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergibt, wurden zwar während der NS-Zeit

Veräußerungen aus der Sammlung (auch des Beethoven-Frieses) durch den bestellten

Treuhänder mehrfach erwogen und eine Einziehung des Vermögens im Rahmen des

Strafverfahrens angestrengt. Da es jedoch zu diesen Veräußerungen nicht kam und das

Strafverfahren mit Beschluss vom 31. Jänner 1945 eingestellt wurde, wurde das Eigentum

am Beethoven-Fries nicht durch ein nichtiges Rechtsgeschäft oder eine nichtige

Rechtshandlung im Sinne des § 1 Nichtigkeitsgesetz 1946 entzogen. Auch wenn daher der

Beethoven-Fries im Eigentum von Serena Lederer (bzw. ihrer Verlassenschaft) verblieben

war, so ist doch festzuhalten, dass sie wegen der Verfolgung die Verfügungsmacht über den

Beethoven-Fries jedenfalls faktisch und auch durch den (nachfolgend noch geänderten)

Sicherstellungsbescheid vom 26. November 1938 verloren hatte. Es ist – wie auch der

Aufhebungsantrag des Bundesdenkmalamtes bestätigt – unzweifelhaft, dass diese

Sicherstellung Teil der Verfolgung Serena Lederers war und daher als nichtiger Rechtsakt im

Sinne des § 1 Nichtigkeitsgesetz 1946 zu qualifizieren ist. Dafür spricht auch, dass die

Sicherstellung durch Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 23. August 1946

aufgehoben wurde, womit – als contrarius actus – eine Rückstellung erfolgte. Es kann hier

dahingestellt bleiben, auf Grundlage welcher Titel, die sich aus den Verlassenschafts- bzw.

Konkursverfahren ergaben, schließlich Erich Lederer das Eigentum am Beethoven-Fries

erwarb, zumal er allseits als Eigentümer gesehen wurde.

 

 

Da die Sicherstellung mit Bescheid vom 23. August 1946 aufgehoben war, das

Bundesdenkmalamt nach Ausweis der Unterlagen am 12. August 1948 den Masseverwalter

Martin Höberl aufgefordert hatte, den Fries aus Schloss Thürnthal abzutransportieren, und

diese Aufforderung am 6. November 1950 gegenüber dem Rechtsvertreter von Erich

Lederer, Hans Popper, wiederholte, und schließlich die gerichtliche Verwahrung des Frieses

beantragte, ist unzweifelhaft, dass Erich Lederer (bzw. der Nachlass nach Serena Lederer)

seit dem Jahr 1946, spätestens jedoch seit dem Jahr 1950 die Verfügungsmacht über den

Fries hätte ausüben können. Allfällige zu diesem Zeitpunkt noch bestehende erbschaftsoder

konkursrechtliche Beschränkungen erscheinen aus dem hier relevanten Blickwinkel

nicht beachtlich.

 

 

 

Der Beethoven-Fries wurde daher durch die Aufhebung der Sicherstellung mit Bescheid vom

23. August 1946 im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz rückgestellt.

 

 

Zum Ausfuhrverfahren

Aus der Rückstellung der Sammlung folgten Ausfuhranträge von Erich Lederer, über die mit

zwei Bescheiden des Bundesdenkmalamtes vom 28. Juni 1950 entschieden wurde. Im

engen Zusammenhang mit diesen Verfahren erwarb der Bund als „Widmungen“ von Erich

Lederer zahlreiche Kunstwerke, deren Übereignung bereits durch die Beschlüsse des

Beirates vom 10. Mai 1999 und vom 30. November 2012 empfohlen wurde.

Das Bundesdenkmalamt erwähnte im Zusammenhang mit der Aufforderung vom

6. November 1950, den Beethoven-Fries abzutransportieren, gegenüber Hans Popper, dass

von Erich Lederer für diesen „ein […] Ausfuhransuchen gestellt worden war.“ Dieses

Ausfuhransuchen lässt sich in den Akten des Bundesdenkmalamtes nicht weiter belegen.

Der Fries stand weder auf der Liste des Bundesdenkmalamtes vom 11. Jänner 1950, die

jene Sammlungsstücke nannte, für die keine Ausfuhrbewilligung zu erwarten sei, noch auf

dem Verzeichnis der Sammlung, das – nach erfolgten Streichungen – der Ausfuhrbewilligung

vom 28. Juni 1950 zu Grunde gelegt wurde. Allerdings hielt Otto Demus in einem pro domo-

Vermerk vom 2. Mai 1950 fest, dass der Fries „zu sperren“ wäre. Es ist daher zumindest

denkbar, dass Erich Lederer im Zuge dieses Ausfuhrverfahrens mitgeteilt wurde, dass für

den Fries keine Ausfuhrbewilligung zu erlangen wäre.

Ein damaliger Ausfuhrantrag zum Beethoven-Fries wäre ohne Zweifel aus der Rückstellung

gefolgt, wenn er als Teil der Dispositionen Erich Lederers über den weiteren Verbleib der

Sammlung zu sehen wäre. Im Zusammenhang mit diesem Verwaltungshandeln des

Bundesdenkmalamtes steht jedoch keine auf einen Eigentumserwerb des Bundes gerichtete

Absicht. Vielmehr sprechen die Aufforderungen, den Fries aus Schloss Thürnthal abzuholen,

aber auch der Vermerk von Otto Demus, dass eine Widmung des Frieses im Gegenzug für

die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen „allein nicht diskutabel“ ist, gegen ein damals

bestehendes Interesse des Bundes an einem Erwerb.

Jedenfalls stellte Erich Lederer durch sein Schreiben vom 17. Juni 1967 einen Ausfuhrantrag

für den Fries, der vom Bundesdenkmalamt – von der kurzen Beantwortung abgesehen –

nicht weiter bearbeitet wurde und auf den Erich Lederer in der Folge auch nicht mehr

zurückkam. Aus seiner handschriftlichen Darstellung vom 19. Juni 1970 lässt sich aber

erkennen, dass er den Fries mit einem Ausfuhrverbot belegt sah („[…] und ausführen darf ich

ihn nicht!).

Demgegenüber zeigen jedoch die Akten des Bundesdenkmalamtes, dass zumindest seit

Mitte der 1960er Jahre die dringender werdenden Restaurierungsmaßnahmen im

Vordergrund standen und in den internen Vermerken auch die Erteilung einer

Ausfuhrbewilligung erörtert wird. Denkmalbehördliche Maßnahmen, wie etwa auch eine

Unterschutzstellung – denn offenbar war die Unterschutzstellung des Jahres 1930 in

Vergessenheit geraten –, wurden abgelehnt, auch weil dann „die unbedingte Erwerbung […]

die Konsequenz […] sein müsste.“

 

 

Zum Zusammenhang

Erich Lederer hat den Beethoven-Fries nicht nur im Jahr 1950 als eine Alternative zu den

vom Bundesdenkmalamt geforderten Widmungen angeboten, sondern hat auch in seinem

Schreiben vom 30. November 1953 an das Bundesdenkmalamt im Zusammenhang mit der

erstmals angedachten Verbringung des Frieses ins Untere Belvedere angemerkt, dass der

Fries doch dazu „berufen ist einmal in einer österreichischen Galerie zu glänzen.“ Auch in

seinem Schreiben an die Österreichische Galerie vom 7. Oktober 1955 hielt er fest, dass er

den Fries zwar dem Museum der Stadt Wien nicht als Leihgabe geben werde, aber bereit

sei, ihn dem Museum zu verkaufen. Nachdem er drei Gutachten vorgelegt hatte, die den

Fries mit US$ 1 Mio. bewerteten, und Alois Mock ihn um die Nennung des Preises ersuchte,

„zu welchem Sie zu einem Verkauf bereit wären“, antwortete Erich Lederer am 22. August

1969, dass er „von Herzen gern“ den Fries im Pausenfoyer der Staatsoper sähe und sprach

davon, dass es möglich sein werde, einen „beide Seiten befriedigenden Preis [zu]

vereinbaren.“ Konkret wurden die Verkaufsgespräche mit Erich Lederer erst nachdem Bruno

Kreisky ihm mit Schreiben vom 30. Mai 1970 zusagte, sich für einen Ankauf des Fries um

etwa öS 6 Mio. verwenden zu wollen. Erich Lederer reagierte auf dieses Schreiben positiv,

obwohl die Verwendungszusage weit unter dem in seinen Gutachten dargelegten Wert von

US$ 1 Mio. lag. In keinem dieser Schreiben lässt Erich Lederer erkennen, dass seine

Verkaufsüberlegungen von einem Ausfuhrverbot für den Fries bestimmt sind.

Die folgenden Korrespondenzen zwischen den österreichischen Stellen befassten sich mit

dem Wert des Frieses und den Möglichkeiten seiner Restaurierung. Das Bundesdenkmalamt

lehnte erneut denkmalbehördliche Maßnahmen ab, die Frage des Ausfuhrverbots wurde

zwar – wie erwähnt – von Erich Lederer noch in seiner Darstellung vom 19. Juni 1970

genannt, in der Folge aber von keiner Seite in die Verkaufsverhandlungen eingebracht. Es

wurde insbesondere auch von keiner Seite auf den vom Bundesdenkmalamt unerledigt

gebliebenen Ausfuhrantrag von Erich Lederer vom 17. Juni 1967 Bezug genommen.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Erich Lederer spätestens seit dem Jahr 1950 über

den Fries verfügen konnte. Sowohl die beantragte gerichtliche Verwahrung als auch die

späteren Bemühungen von Erich Lederer, eine Zustimmung zu der als dringend erforderlich

beurteilten Restaurierung zu erlangen, belegen, dass alle Beteiligten die Verfügungsmacht

über den Fries nur bei Erich Lederer sahen.

Zwar hat das Bundesdenkmalamt nach der Rückstellung der Sammlung intern festgehalten,

dass es „auf [einer] Ausfuhrsperre für einige Viennensia u. den Klimt-Fries bestehen“ werde;

ein entsprechender Antrag Erich Lederers ist indes aber nicht feststellbar. Entscheidend ist,

dass das damalige Verwaltungshandeln des Bundesdenkmalamtes nicht mit einer

Erwerbsabsicht des Bundes am Fries verbunden war.

 

 

§ 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz fordert, dass der Bund Eigentum im engen

Zusammenhang mit einem Verfahren nach dem Ausfuhrverbotsgesetz erwarb, das aus einer

Rückstellung folgte. Wie dargestellt, ist ein enger Zusammenhang zwischen Rückstellung,

Ausfuhrverfahren und Eigentumserwerb in zeitlicher und sachlicher Hinsicht gefordert.

Selbst wenn man annimmt, dass (spätestens) im Jahr 1950 der Fries im Sinne des § 1

Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz rückgestellt wurde und aus dieser Rückstellung die

Ablehnung einer Ausfuhrbewilligung für den Fries folgte (worauf u.a. der Aktenvermerk des

Bundesdenkmalamtes vom 2. Mai 1950 hindeuten kann), so stünde dieses Ausfuhrverfahren

nicht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Frieses

im Jahr 1972. Zwischen diesen Ereignissen stehen nicht nur 22 Jahre, es gibt auch keine

Hinweise, dass im Ausfuhrverfahren des Jahres 1950 ein späterer Erwerb des Frieses durch

den Bund vorgesehen wurde.

 

 

Ebenso wenig wurde in den Verkaufsverhandlungen auf den Ausfuhrantrag von Erich

Lederer vom 17. Juni 1967 Bezug genommen (dessen Nicht-Behandlung im Übrigen von

Erich Lederer auch zuvor nicht releviert wurde), wobei allerdings zu bemerken ist, dass

dieser Antrag zumindest 17 Jahre nach der Erlangung der Verfügungsmacht gestellt wurde

und daher schon deshalb nicht im Sinne des Gesetzes aus der Rückstellung gefolgt ist.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine bloß allgemeine Kenntnis vom

Ausfuhrverbotsgesetz und seiner strengen Handhabung alleine nicht ausreicht und der

Entschluss, an den Bund zu verkaufen, wesentlich durch ein Ausfuhrverbotsverfahren

motiviert sein muss, um den geforderten engen Zusammenhang mit einem Erwerb des

Bundes zu begründen. Auch wenn ein entsprechend verdichtetes Verwaltungshandeln für

die Erfüllung des Tatbestandselements ausreichen kann, so ist hier festzustellen, dass das

Bundesdenkmalamt selbst weitere denkmalbehördliche Schritte ablehnte und in den internen

Besprechungen die Erteilung einer Ausfuhrbewilligung im Falle des Scheiterns eines

Ankaufs in Aussicht genommen wurde. Es wurde daher während der nach dem Schreiben

von Bruno Kreisky vom 30. Mai 1970 zunehmend konkretisierten Verkaufsverhandlungen

weder ein Verfahren nach Ausfuhrverbotsgesetz geführt noch gab es ein anderes

Verwaltungshandeln des Bundesdenkmalamtes, das darauf gerichtet war, Erich Lederer zum

Verkauf zu bestimmen. Auch aus der Korrespondenz zwischen Bruno Kreisky und Hertha

Firnberg (bzw. des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung) mit Erich Lederer

gibt es keinen Bezug zu einem Ausfuhrverbot und das Ministerratsprotokoll zeigt, dass auch

auf dieser Ebene die Bewilligung der Ausfuhr als Alternative zu einem Erwerb gesehen

wurde.

 

 

3. Ergebnis

Der Beirat kommt daher zu dem Ergebnis, dass kein enger zeitlicher und sachlicher

Zusammenhang zwischen der Rückstellung im Jahr 1946, den Verfahren nach dem

Ausfuhrverbotsgesetz und dem im Jahr 1972 erfolgten Eigentumserwerb des Bundes

besteht.

Der Beirat übersieht dabei nicht, dass zwar aus der Rückstellung der Sammlung

(einschließlich des Beethoven-Frieses) im Jahr 1946 Verfahren (bzw. sonstiges verdichtetes

Verwaltungshandeln) des Bundesdenkmalamtes nach dem Ausfuhrverbotsgesetz folgten,

diese waren jedoch nicht mit einer Absicht des Bundes verbunden, den Beethoven-Fries zu

erwerben.

Der Ausfuhrantrag Erich Lederers aus dem Jahr 1967 kann schon wegen der dazwischen

liegenden Zeitspanne nicht in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang im

Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 Kunstrückgabegesetz mit der Rückstellung von 1946 gesehen

werden. Darüber hinaus konkretisierten sich die Verkaufsverhandlungen nach dem

Ausfuhrantrag von 1967 erst nach der in seinem Schreiben vom 30. Juni 1970 erfolgten

Initiative Bruno Kreiskys. Dieser Erwerbsabsicht des Bundes stand jedoch als Alternative die

Erteilung einer Ausfuhrbewilligung gegenüber, wie insbesondere auch das

Ministerratsprotokoll vom 23. Mai 1972 zeigt: Während Hertha Firnberg auf die Rechtslage

einging und auf das bereits ex lege bestehende Ausfuhrverbot für Kulturgut verwies, stellte

Bruno Kreisky klar, dass zwischen einer Bewilligung der Ausfuhr des vom Verfall bedrohten

Kunstwerks und seinem Erwerb zu entscheiden war. Der Beethoven-Fries fiel zwar unter die

Schranken des Ausfuhrverbotsgesetzes, doch wurde eine Verweigerung der

Ausfuhrbewilligung nicht eingesetzt, um Erich Lederer zum Verkauf zu bestimmen. Es ergibt

sich daher auch kein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen einem

Verfahren nach dem Ausfuhrverbotsgesetz und dem Erwerb des Frieses durch den Bund.

Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, dass auch die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Z 2,

2a und 3 nicht erfüllt sind, weil der Beethoven-Fries – wie oben ausgeführt – 1946

rückgestellt wurde und sich spätestens seit 1950 auch in der tatsächlichen Verfügungsmacht

von Erich Lederer befunden hat.

 

 

 

Dem Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien war daher zu empfehlen,

den Fries nicht an die Rechtsnachfolger_innen nach Erich Lederer zu übereignen.

Wien, am 6. März 2014

 

 

Univ.Prof. Dr. Dr.h.c. Clemens Jabloner

(Vorsitzender)

 

Mitglieder: 

 

Ministerialrätin

Dr. Ilsebill BARTA

 

Rektorin

Mag. Eva BLIMLINGER

 

Univ.-Prof. Dr. Artur ROSENAUER

 

Hofrat d VwGH

Dr. Franz Philipp SUTTER

 

Generalanwalt i.R.

Dr. Peter ZETTER

 

Ersatzmitglieder:

Mag. Dr. Christoph HATSCHEK